19. Spieltag: SG Dynamo Dresden - Hamburger SV

Das würde ich als zu hartes Urteil empfinden. Wenn Selbstüberschätzung bedeuten sollte, dass er sich für den Verteidiger in der Viererkette hält, der die beste Ballführung hat, hätte er das zudem komplett richtig eingeschätzt. Da ist er den anderen weit voraus.

Dass er auf links ein schlechteres Raumgefühl hat, stimmt. Aber ich bin ziemlich sicher, er würde selbst lieber rechts spielt. Der, dem er seinen eigentlichen Platz aktuell überlassen muss, war gestern übrigens einer der beiden mit Abstand schlechtesten Spieler. Und ein richtig überzeugendes Spiel hat Mo auf RV noch kein einziges.

Bei Miro Muheim bin ich bei Dir. Den hab ich von Anfang an besser gesehen als viele unserer Mitdiskutanten. Ein Leibold ist aber auch er bei weitem noch nicht und auch ihm fehlt die Nervenstärke, in Spielen wie gestern souverän gegen ein starkes Pressing aufzubauen, als durch die aktuelle Personalsituation seine beste Position ohnehin im linken offensiven Mittelfeld gewesen wäre.

Wir starten in die Rückrunde mit zwei Punkten aus für mich zwei schweren Spielen. Für mich wären - wie für viele andere auch - vier Punkte vermutlich lieber gewesen. Dass das Spiel gegen Schalke eher ein Punktgewinn darstellte, ich denke, da sind wir uns relativ einig. Nun zum Spiel gegen Dresden:

Ich empfand erstmal Dynamo sehr gut auf uns eingestellt. Das Pressing hat ausgezeichnet funktioniert und das erkenne ich erstmal an. Überhaupt finde ich Spiele gegen Dresden immer als besonders "ekelig", vor allem wenn Dynamo vor heimischen Publikum spielt. Grundsätzlich erachte ich daher einen Punktgewinn dort immer als kleinen Erfolg (den man ganz nebenbei durch einen Sieg im nächsten Ligaspiel vergolden kann). Daher also nochmal: Dresden war ein sehr starker Gegner, die uns sehr gut wegverteidigten und nach vorne ihre Chancen kreierten. Am Ende muss man sagen, dass deren Qualität im Offensivspiel nicht ausreichte um uns zu schlagen.

Zu unseren Einzeleistungen:
Wir haben definitiv kein Torwartproblem: Heuer Fernandes scheint seine Form im Kasten konserviert zu haben. Das stimmt mich sehr optimistisch für die kommenden Spiele.
Warum Gyamerah den Vorzug vor Muheim erhielt, finde ich fraglich. Mir gefällt er auf links nicht, da er offenbar kein Zutrauen in seinen linken Fuß hat und mir das sehr unsicher wirkte gestern.
Kinsombi ist weiterhin für mich ein riesiges Fragezeichen. Es gibt wenige Spieler, die so wenig am Spiel teilnehmen, wie er. Manchmal muss man ihn regelrecht suchen (Gruß an @Savarez03 ), doch trotzdem kriegt er bei allen Trainern seine Einsätze. Irgendwann finde ich schon noch heraus, welchen Impact er auf unser Spiel hat
Glatzel hat jetzt das dritte Spiel in Folge getroffen, gegen Dresden gleich mit der 1. Torchance. Hat er weiteres Fortune, kann er sogar einen Doppelpack schnüren. Doch insgesamt bin ich mit ihm zufrieden. Ein (Mittel-)Stürmer muss meiner Meinung nach nicht ständig spektakulär, wie Haaland oder Lewandowski, am Spiel auffallend stark teilnehmen. Mir reicht's einfach, wenn er da ist und seine Buden macht. Ich habe das Gefühl, dass er zu jeder Zeit treffen kann. Umso weniger verstand ich seine Auswechslungen. Vielleicht hat Walter aber auch Kaufmanns gute Trainings(lager)leistung im Blick und wollte ihm im Zentrum bringen. Das kann ich natürlich nicht beurteilen. Glatzel steht jetzt bei 10 Toren in 19 Spielen. Rechnet man das auf 34 Spiele hoch, ist das für HSV-Verhältnisse echt eine saubere Bilanz.
Ich finde, dass Jattas Wechsel tatsächlich etwas Schwung brachte. Mit Betonung auf "etwas". Man merkt doch, dass er eine COVID-Erkrankung hinter sich hatte. Insofern war dieser kurze Einsatz in Ordnung. Viel mehr konnte man nicht erwarten, Alternativen gab's ohnehin nicht.
Und zu Kittel haben ja einige was gesagt: Wenn er einen schlechten Tag hat - und das haben wir ja alle mal - dann gibt's leider keinen, der das leistungsmäßig ausgleichen kann. Das Dresden-Spiel hat abermals gezeigt, wie abhängig wir von Kittel sind. Das ist sowohl Lob an Kittel, als auch Kritik an den Kaderplanern.

Zum Gegentor:
Kollektives Versagen im Rückwärtsgang. Gyamerah wirkte in der Rückwärtsbewegung unfassbar phlegmatisch, das missfiel mir wirklich sehr. Ich mag Gyamerahs spielerische Dynamik, aber sein Defensivverhalten fand ich gerade gegen Dresden grausam. Insgesamt ist er aber dort kein Alleinschuldiger; alle schauten nur zu und Heuer Fernandes am Ende chancenlos. Manchmal müsste man evtl auch einfach mal ein "cleveres" Foul ziehen, um solche Dinge zu verhindern. Dafür scheinen wir einfach nicht reif genug oder zu brav zu sein.

Schlusswort:
Mir bereitet dieses Spiel keine Bauchschmerzen. Grundsätzlich gefällt mir unser Grundgerüst, auch gegen Dresden. Dass wir in Dresden kaum Chancen herausspielen würden, das war mir relativ klar. Letztlich stellen sich fast alle Gegner gegen uns hinten rein. Dresden hat's zusätzlich - vor allem in der 1. Halbzeit - mit starkem Pressing getan. Ich schrieb oben schon, dass das beeindruckend gut war. Insofern kann man dem Gegner auch einfach zu einer starken Leistung gratulieren und das tue ich hiermit auch. Für uns ist es ein wichtiger Auswärtspunkt, der mit sehr viel Glück auch ein Dreier hätte werden können - gerecht wäre es aber nicht gewesen.

Ich finde es ehrlich gesagt eine Frechheit, dass immer wieder gerne Gyamerah als Sündenbock herhalten muss.

Verglichen mit Heyer war er noch solide.

Verglichen mit Kinsombi (dessen Performance mit „bodenlose Unverschämtheit“ noch euphemistisch umschrieben ist) war er Messi.

Ich will aber auch nicht denselben Mist machen, den ich den Gyamerah-Kritikern soeben noch vorgeworfen habe:

man gewinnt und verliert gemeinsam.

Und gegen Dresden war es eine grottenschlechte Leistung der GESAMTEN Mannschaft.

So etwas kann passieren.

Aber man sieht dennoch, dass die Personaldecke sehr sehr dünn ist und wir sowohl mit Glatzel vorne drin als auch im
ZM sehr festgelegt und ausrechenbar sind - weil man schlicht nicht mal eben einen halbwegs gleichwertigen ST oder ZM oder RA bringen kann wenn mal der Stamm einen gebrauchten Tag hat.

Ich erwarte von Boldt und Mutzel wenig bis nichts.

Ihre Verjüngungskur war nicht etwa der späten Einsicht, sondern der Not geschuldet.

Sie sind jetzt im 3.Jahr hier tätig und haben nicht rumzuheulen, dass man „nur noch ein normaler Zweitligist“ sei.

Denn den Status Quo haben sie maßgeblich selber herbeigestümpert.

Was ich aber erwarte, sind überfällige Korrekturen der grottenschlechten Kaderplanung im Sommer.

Auch für Doyle muss Ersatz her.
Dieser Transfer war sinnloses Alibi-Gewurschtel um dem Plebs noch rasch ein paar Brosamen hinzuwerfen.

RA, ZM sind das mindeste.
ST wäre wichtig.

Man muss dabei auch ehrlich sein:

auf zB. einen Kinsombi zu hoffen, ist fahrlässig.
Einen Rohr aufzuzählen, ist dumm.

Im ZM ist Reis halbwegs satisfaktionsfähig, ggf. noch Heyer. Das WAR es, Freunde.

Lass mal Reis oder Kittel auch nur 2, 3 Wochen fehlen. Which can easily happen.

Ich habe kein Problem damit, den Aufstieg wegen Unerfahrenheit zu verspielen.
Im Gegenteil.

Aber wegen dilettantischer Kaderplanung mit gefühlt einer ganzen Wagenladung IV aber Notbesetzung in der Offensive? Nein.

Mal überlegt, was wäre, wenn Alidou nicht halbwegs eingeschlagen hätte (dem übrigens bei der Eintracht mit seinem defensivverhalten die Ohren schlackern werden, aber das ist eine andere Geschichte).

Jetzt werden Boldt und Mutzel ihre Laberskills
nicht mehr helfen.

Jetzt müssen sie machen.

Wenn du dich auch auf mich beziehst, dann kann es sein, dass ich mich etwas unverständlich ausdrückte. Ich meinte ja auch, dass deine Dynamik nach vorne mir gefiel. Damit meine ich auch die Idee mal Dinge im 1:1 zu lösen. Er wurde oft auch als Anspielstation bedacht, so gesehen beteiligte er sich auch an unseren Offensivbemühungen. Das gefiel mir. Zu meiner Kritik an seiner defensiven Leistung stehe ich dennoch.

fosbury bringt es auf den Punkt, fallen Reis, Kittel oder Glatzel aus gehen die Lichter aus!

Das einzige was safe ist, ist die Abwehr und Tor. Wir brauchen Verstärkung im Sturm, MIttelfeld und offensive Aussen..

Zum Spiel muss man sagen, dass im Mittelfeld aufgrund der Gelbvorbelastungen viele nicht richtig hingegangen sind, um gegen Pauli dabei zu sein. Ich hoffe zumindestens das das ein Erklärung sein kann. Wir werden es sehen, Pauli musst Du schlagen...

Das wir mit dem Kaden überhaupt noch in der Verlosung sind, ist einzig allein dem Trainer gutzuschreiben.

Nur der HSV

...und wenn du's auf mich beziehst:

Ja, ich hab's genau so gemeint.
Dass meine Benotung im Direktvergleich Gyamerahs zu z.B. Heyer sicher etwas schräg und nicht gerecht sein mag - admitted.

Aber ich denke, jeder hat so seine 'Trigger'-Kicker, die er etwas intensiver und kritischer betrachtet als andere, und dass das in meinem Fall auch Gyamerah sein mag, gebe ich unumwunden zu. Ich ärgere mich einfach über Kicker, bei denen ich großartige Anlagen, aber keinen Fortschritt, keine Entwicklung erkenne.
Es ärgert mich über alle Maßen.

Es ist berechenbar und läuft nach ähnlichem Schema immer wieder ab; ich will nicht einmal auschliessen, dass gegnerische Trainer Order geben, ihn bei den Dribblings aus der eigenen Hälfte erst im letzten Drittel zu stören, da er dort oft die falsche Entscheidung trifft, der Weg zurück dann weiter und die Räume offener sind.

Trotzdem, natürlich gewinnst und verlierst du als Mannschaft, und da haben viele andere jetzt auch keine Bäume ausgerissen.

Gruß
Jottkah1887

Also, zumindest der Teil ist so einseitig, dass man das nochmal thematisieren muss. Deshalb hier das Gegentor in der Betrachtung frame by frame:

60:13 Das früheste Bild aus der Zusammenfassung: Unser rechter Innenverteidiger Vuskovic liegt nach verlorenem Zweikampf an der Seitenlinie, 5m innerhalb der gegnerischen Hälfte. Der Rechtsverteidiger Heyer ist noch 10!m weiter vorn. Alidou, Glatzel, Kittel und Reis stehen alle zwischen dem gegenerischen Strafraumeck und der Seitenlinie. Dieses Überladen von tornahen Räumen ist eines unserer zentralen taktischen Mittel. Entscheidend ist dann immer, wann sich die Lücke auftut, den Ball aus der Viererkette in diesen Raum weiterzuleiten. Weil durch die Vorverschiebung mindestens zwei zentrale Spieler in der Mitte fehlen, darf genau in diesen Situationen kein Ballverlust passieren. Deshalb brechen wir so oft ab und spielen zu Ferro zurück. Dass Mario und Mo so weit außen und so hoch stehen, ist der entscheidende Risikofaktor für das Gegentor.

Zwischen dem Dresdner am Ball und unserem Tor ist jetzt eigentlich nur noch Bascho, der exakt auf der Mittellinie steht. Gyambo hat den riesigen ballfernen Raum dahinter zu decken. Glücklicherweise kontrolliert der Dresdner den Ball noch nicht voll. Spielt er ihn jetzt diagonal in den Raum hinter Bascho und Jan, kann man es kaum noch verteidigen.

60:15 Stattdessen kommt die Ablage auf einen nachstoßenden Dresdner, der Sekunden zuvor noch hinter Mo war, ihm aber auf kurzer Strecke die entscheidenden Meter abnimmt. Nach einer suboptimalen Ballmitnahme sieht dieser die Lücke im Zentrum zu spät, sodass wir noch eine gute Abwehrchance haben. Meffo füllt Vuskovics Position auf und verhindert den Weg des Dresdners Richtung Grundlinie. Noch ist nichts passiert, wenn: Kinso und Mo jetzt entschlossen den Sprint zurück ansetzen, um die aufrückenden Dresdner zu decken.

60:18 Um dem Zweikampf mit Mo zu entgehen, der den Dresdner bedrängt, aber nicht stellen kann, zieht dieser quer in die Mitte. Hier muss vielleicht das Foul kommen. Wenn nicht, darf Kinso hier aber niemals im Passweg stehen, sondern MUSS erkennen, dass auf der ballfernen Seite ein Dresdner den Flügel hinunter sprintet. Als ballferne Acht, die alle Innenverteidiger und seinen Sechser an der Außenlinie sieht, ist das seine klare Aufgabe.

60:20 Der Diagonalball erreicht den Dresdner Königsdörffer, da leicht in den Rücken gespielt, springt er ihm aber an die Hacke, sodass wir Zeit gewinnen. Kinso folgt im Zentrum drei Meter auf den in die Lücke sprintenden Daferner, zieht den Sprint aber nicht voll an.

60:22 Das führt zu der Einstellung, die Gyambo allein betrachtet alt aussehen lässt. Tatsächlich rückt er nicht entschlossen auf Königsdörffer heraus, muss aber auch darauf reagieren, dass dieser durch Kinsos Unentschlossenheit drei Optionen hat und außer dem eigenen Weg Richtung Tor den Ball nach außen auf Akoto oder in die Gasse zu Daferner spielen kann.

60:23 Der Ball wird stattdessen auf den aufgerückten Kade am linken Strafraumeck gespielt, der wenige Sekunden vorher noch in der eigen Hälfte war, weshalb man an dieser Stelle auch das entschlossene Nachrücken aller Dresdner im Vollsprint loben muss. Dass er dort frei ist, ist eine unglückliche Verkettung:

Es ist grundsätzlich Mos Position, der aber nach dem Zweikampf an der Mittellinie einen so langen Weg hatte, dass er nur mit letzter Entschlossenheit vielleicht rechtzeitig hätte kommen können. Meffo aber verlässt in diesem Moment ohne echte Orientierung die Kette, in der er mit Mario und Bascho zurückgerückt war, sodass Vuskovic sich ins Zentrum neben Bascho orientiert, den Rechtsverteidigerraum, den er gerade noch besetzt hatte, aber damit offenlässt. Er muss das auch deshalb, weil Bascho Kinsos Mann übernehmen muss. Letztgenannter joggt immer noch und wäre sonst an der Stelle gewesen, durch die nun der Diagonalball segelt.

60:25 Da nun Vuskovic spät doch noch versucht, den Außenstürmer aufzunehmen, und Meffo nicht entschlossen mit in den Strafraum rückt, muss Bascho den freiwerdenden Kühn übernehmen und lässt damit Daferner in seinem Rücken frei, den Kade - auch das soll nicht unterschlagen werden – traumhaft bedient, bevor er mit einem wunderschönen Kopfball einnetzt.

60:27 Der Ball fliegt ins Netz. Stoppt man das Bild an der Stelle, sieht man, dass hinter Daferner noch Akoto gelauert hätte. Den hätte in jedem Fall Gyambo stellen müssen. Auch er schaltet also zu früh ab. Sein Mann hat mit dem Tor aber nichts mehr zu tun.

Fazit: Zuerst ein Lob an die entschlossen konternden Dresdner. Das muss ein Lehrbeispiel für uns sein. Die zweite Lehre ist für mich der noch stärkere Fokus auf den entschlossenen Rückwärtsgang der Mittelfeldspieler bei Ballverlust. Wenn es Teil unserer Marschroute bleibt, offensive Seitenräume hoch zu überladen, dann müssen alle Wissen, dass es beim defensiven Umschalten nur Vollgas geben kann.
This contribution was last edited by El-wood on Jan 16, 2022 at 5:51 PM hours

Da ich berechtigterweise nicht werten kann: volle Zustimmung!

ich wollte nicht den Eindruck vermitteln das ich Gyamerah für den allein-schuldigen am Gegentor halte.
Kinso und Mo haben auch für mein empfinden ein schwaches Spiel geliefert.
Dennoch glaube ich das Jan mit beherzterer Verteidigung, gerade nach dem Hackenfail, das Gegentor am ehesten hätte verhindern können. Bascho hätte den Gegner direkt gestellt.

Ich wollte auch nicht allzu fundamental dagegen halten. Und grundsätzlich ärgert mich das Abwehrverhalten bei Gyambo und Mo beinahe gleich oft. Manchmal ist es dann so, dass das Fass einfach voll ist. Und dann kritisiert man vielleicht in einem Moment, in dem derjenige gerade nicht der Hauptschuldige ist. Das versteh ich gut.

Insgesamt kommen wir aus dem Grunddilemma, dass a) bei unserem Spielsystem das Spielerische die erste Tugend der Viererkette ist, aber b) in unserer Gehaltsklasse kaum Spieler zu finden sind, die in Spielaufbau, Stellungsspiel und Zweikampfhärte gleichermaßen gut sind, auf absehbare Zeit nicht heraus.

Bei meinem Fazit würde ich deshalb bleiben: Wenn wir weiter so spielen wollen, dass die Viererkette das Spiel aufbaut und das Mittelfeld gleichzeitig extrem hoch steht, muss der kollektive Weg zurück im Vollsprint bei Ballverlust noch viel fester in die Köpfe unserer Spieler.